Der kürzlich durchgeführte Jahresanlass der SP Dulliken führte die interessierten Genossen nach Grenchen, der westlichsten Stadt im Kanton Solothurn, die viele nur vom Durchfahren kennen. Grund genug, sich einmal mit einer Stadtführung dieser im Jahre 2008 mit dem Wakkerpreis ausgezeichneten Stadt zu nähern.
Die Stadtführerin nahm die wissbegierige Gruppe gleich am Bahnhof Grenchen Süd in Empfang. Hier begann die interessante Führung bei der ehemaligen Arztvilla von Dr. Joseph Girard (1803 – 1869). Heute wird diese Villa zusammen mit dem modernen Anbau als Kunsthaus genutzt.
Den Spuren von Joseph Girard begegnet man überall in der Stadt. Auf seine Initiative siedelte sich ab dem Jahr 1851 die Uhrenindustrie in Grenchen an und verwandelte das damalige Bauerndorf in eine prosperierende Stadt. Diese Uhrenindustrie verschaffte Grenchen einigen Reichtum. Die zahlreich zuströmenden Facharbeiter brauchten viel zusätzlichen Wohnraum, und das einheimische Gewerbe florierte. Bei dieser grossen Arbeiterschaft ist es auch nicht verwunderlich, dass Grenchen beim Generalstreik vom November 1918 eine wichtige Rolle spielte.
Dass die einseitige Ausrichtung auf die Uhrenproduktion auch grosse Risiken birgt, hat uns die Geschichte dann gelehrt. Grenchen musste sich wegen Uhrenkrisen mehrmals neu ausrichten.
Dr. Joseph Girard war ein liberaler und freidenkender Mensch. Als Arzt erkannte er die heilende Wirkung einer nahen Wasserquelle und erbaute dort das Heilbad Bachtelen. Hier bot er kritischen Zeitgenossen auch immer wieder Unterschlupf vor Verfolgung. So versteckte sich nebst anderen Revoluzzern auch der italienische Freiheitskämpfer Giuseppe Mazzini ab 1835 während rund zwei Jahren im Bachtelenbad.
Grenchen kann nicht mit einer schmucken historischen Altstadt aufwarten. Vom früheren Bauerndorf ist nichts mehr zu sehen, nur gewisse Flur- und Strassennamen erinnern noch an frühere mit der Landwirtschaft verbundene Gewerbe. Ab Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Grenchen rasant. Viele Fabrikgebäude und Wohnhäuser wurden erbaut und immer wieder erweitert. Heute prägen noch viele Bauten aus den 1950-er Jahren das Stadtbild. Die typischen aufgesetzten Fenster und die Flugdächer, die die Leichtigkeit der neuen Architektur symbolisierten, begegnen dem aufmerksamen Betrachter überall in der Stadt, sei es bei Fabrikbauten oder an Wohn- und Geschäftshäusern.
Grenchen hat es geschafft, diese Architektur zu erhalten und mit Neubauten so zu kombinieren, dass das Gesamtbild harmonisch wirkt. Und genau diese Harmonie hat Grenchen den Wakkerpreis eingetragen.
Grenchen, die unbekannte Stadt im Westen unseres Kantons; diese Aussage trifft für alle Teilnehmer dieser sehr interessanten Führung nicht mehr zu!
Beim abschliessenden Nachtessen im heimischen Restaurant Löwen konnten im geselligen Gespräch die vielen Eindrücke und zahlreichen Informationen vertieft und verarbeitet werden.
Zeitungsbericht: Edy Lütolf